FFP-Pressemitteilung 6 / 2015

FFP sieht Handlungsbedarf bei atypischer Beschäftigung

25. Jun 2015

In Deutschland arbeiten Menschen vielfach in so genannten atypischen Arbeitsverhältnissen. Dazu gehören Zeitarbeit, befristete und geringfügig bezahlte Jobs sowie Teilzeitarbeit. Im Jahr 2012 gab es knapp 8 Millionen atypisch Beschäftigte, was einen Anteil von 22 Prozent aller Erwerbstätigen ausmacht (Statistisches Bundesamt 2013). In welchem Zusammenhang diese Jobs abseits der „Norm“ – dem Normalarbeitsverhältnis – zum sozialen Leben der Beschäftigten stehen, zeigt eine soeben veröffentlichte Studie des „Forschungszentrums Familienbewusste Personalpolitik“ (FFP). Im Fokus stehen Partnerschaftsstabilität, Kinderbetreuung sowie soziale Netzwerke und Partizipation von atypisch Beschäftigten.

Ambivalenter Charakter

Die von der Hans Böckler-Stiftung geförderte Studie betont den ambivalenten Charakter von atypischen Beschäftigungsformen. Zum einen bieten beispielsweise Teilzeitbeschäftigungen und geringfügig bezahlte Jobs Zeitsouveränität und Flexibilität – Faktoren, die vor allem für Eltern mit Blick auf die Kinderbetreuung interessant sind: Teilzeitarbeitende und geringfügig beschäftigte Frauen wenden deutlich mehr Zeit für die Kinderbetreuung auf als befristet Beschäftigte, Zeitarbeitende oder Beschäftigte im Normalarbeitsverhältnis. Zum anderen zeigen die Studienergebnisse, dass einige atypische Beschäftigungsformen mit instabileren Partnerschaften einhergehen, unter fehlenden nachfragegerechten Kinderbetreuungslösungen leiden sowie mit einer verminderten sozial-politischen Teilhabe zusammenhängen. Dies gilt in erster Linie für Zeitarbeitende und befristet Beschäftigte.

Die Kosten – individuell und gesamtgesellschaftlich

Wie die Wissenschaftler des FFP darstellen, werden atypische Beschäftigungsverhältnisse oft unfreiwillig, z. B. mit der Hoffnung auf langfristig veränderte Bedingungen oder aufgrund fehlender Alternativen aufgenommen. Der größeren Flexibilität und den höheren Beschäftigungsraten, die aus volkswirtschaftlicher und arbeitsmarktpolitischer Sicht als positive Aspekte hervorgehoben werden, stellen die Forscher die Prekaritätsrisiken entgegen: Ein unzureichendes Einkommen, mangelnde soziale Absicherung und eine geringere Beschäftigungsstabilität sind häufig direkte Nachteile der Arbeitsarrangements. Zudem beinhalten sie langfristige Folgekosten für den Einzelnen – z.B. in Form von sehr geringen Rentenansprüchen – über die sich die Beschäftigten nicht immer bewusst sind.
Atypische Beschäftigung kann aber auch gesamtgesellschaftlich teuer werden, und zwar genau dann, wenn die Niedrig-Rente nicht zum Überleben reicht und Rentnerinnen und Rentner zu (staatlich unterstützten) „Aufstockern“ werden.

Differenzierte Maßnahmen erforderlich

Eine Kernthese der Studie besagt, dass atypische Beschäftigung differenziert zu betrachten ist. Nicht nur die Bandbreite an Beschäftigungsformen ist komplex, sondern auch die Situation der Arbeitnehmenden. Politische Maßnahmen sind demnach aus vielfältigen Gründen erforderlich, müssen aber gezielt ausgerichtet werden.
Zentrale Empfehlungen der Studie sind, Wahlmöglichkeiten unterschiedlicher Vereinbarkeitsmodelle auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen, über ökonomische Risiken aufzuklären und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nachhaltig zu fördern.
Atypische Beschäftigung – mit all ihren Chancen und Risiken – muss laut FFP zu einer unter mehreren realistischen Optionen werden, zwischen denen Beschäftigte informiert und unter bewusster Kalkulation von biografischen Risiken wählen können. Das gilt nicht zuletzt auch für die unter Vereinbarkeitsgesichtspunkten oft bewusst gewählte Teilzeitarbeit (von Müttern).

Hintergründe der Studie

Zur Untersuchung wurden Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und der Zusatzerhebung „Familien in Deutschland“ (FiD) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung querschnittlich und längsschnittlich ausgewertet. Der Untersuchungszeitraum umfasst die Jahre 2001 bis 2012 und die Altersgruppe der 18- bis 65-Jährigen. In einem Expertenworkshop wurden die Ergebnisse im Hinblick auf die politischen Rahmenbedingungen diskutiert.

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