FFP-Pressemitteilung 13 / 2015
Gutachten „Familie und Migration“ veröffentlicht
Funktion der Familie ernst nehmen
„Migration ist eine ‚family affair‘, also eine Familienangelegenheit“, befindet der wissenschaftliche Beirat für Familienfragen (BMFSFJ) einleitend in seinem neuen Gutachten und rückt die Familie in den Fokus der Diskussion um Zuwanderung. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erarbeiten in „Migration und Familie - Kindheit mit Zuwanderungshintergrund “ wichtige Eckpunkte zur Unterstützung von Kindern aus Zuwanderungsfamilien. Eine Kernthese: Migration darf nicht einseitig als Risiko stigmatisiert werden, sondern bietet Chancen, die es zu nutzen gilt. Am 6. November nahm Staatssekretär Dr. Ralf Kleindiek im Bundesfamilienministerium das Gutachten stellvertretend für Bundesministerin Manuela Schwesig entgegen.
Die Chancen sehen
In Deutschland haben 31% aller Familien einen Migrationshintergrund. Diese soziale Herkunft von Kindern wird in der Öffentlichkeit zumeist undifferenziert als Risikofaktor wahrgenommen. In sei-nem Gutachten ergänzt der wissenschaftliche Beirat diese Perspektive: Er zeigt die Familie als Ort, die Kindern Geborgenheit in Zeiten großer Unsicherheit gibt, eben genau dann, wenn Kinder die Heimat verlassen und in einer neuen Gesellschaft Fuß fassen müssen.
„An diesem Ort, in der Familie, wird mit darüber entschieden, ob Kinder emotional wirklich ankommen können, ob sie in der neuen Umgebung sozial aufgenommen werden und ob sie gebotene Chancen nutzen können. Wir müssen die Familien hier in ihrer Funktion sehr ernst nehmen“, legt Irene Gerlach, die Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats, dar.
Gesammeltes Wissen und neue Daten
Im Gutachten fragen die Beiratsmitglieder danach, welche Bedingungen Kinder mit Migrationshintergrund vorfinden und welche sie besser vorfinden sollten. Sie tragen das bisher vorliegende Wissen zusammen und analysieren erstmalig große Survey-Datensätze unter der geschilderten Perspektive. Dabei handelt es sich um Daten, die teilweise erst seit kurzer Zeit vorliegen. Im Fokus der Analysen stehen die Bereiche frühe Bildung und Betreuung, Einbettung in soziale Netze außerhalb der Familie sowie Gesundheit. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler identifizieren Hürden und Chancen für eine möglichst breite gesellschaftliche Teilhabe der Kinder.
„Es hat sich gezeigt, dass sich das Familienleben von Familien mit und ohne Migrationshintergrund bis auf einige Unterschiede sehr ähnlich gestaltet“, resümiert Irene Gerlach, die neben ihrem Vorsitz auch das Forschungszentrum für Familienbewusste Personalpolitik (FFP) in Münster leitet.
Forschungsimpulse und politische Appelle
Das Gutachten „Migration und Familie“ liefert zum einen neue Impulse zum Forschungsfeld, da es sich um ein relativ neues, sich noch entwickelndes Gebiet handelt. Zum anderen formulieren die Experten 57 direkte Empfehlungen für die Politik, die auch in Hinsicht auf die aktuelle Flüchtlingsthematik wichtige Ansatzpunkte liefern. Irene Gerlach: „Hier können Politik und Verwaltung und ebenso Verbände und Alltagsumwelt ansetzen und für die Kinder viel zum Gelingen von Teilhabe in der Gesellschaft beitragen. Diese Kinder sind ein vergleichsweise großer Teil unserer Bevölkerung und wir sollten ihr vielfältiges Potenzial unbedingt ausschöpfen.“
Das Gutachten erscheint im Springer-Verlag.