FFP-Pressemitteilung 11 / 2019
Homeoffice, sweet Homeoffice?
Das „Homeoffice“ ist in aller Munde. Davon zeugen der relativ neu ausgerufene „Home Office Day Deutschland“ (14. November) sowie die politische Debatte zum Rechtsanspruch auf Homeoffice. Das Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik (FFP) ist überzeugt : Die breite Ermöglichung von Homeoffice-Lösungen bietet große Chancen für die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit, sie erfordert aber eine systematische Einbettung in die jeweilige individuelle Arbeits- und Lebenssituation.
Homeoffice, Telearbeit, mobiles Arbeiten – es gibt verschiedene Bezeichnungen für die Arbeit außerhalb eines arbeitgebenden Betriebs. Eine Arbeit, die zumeist nicht nur vom Unternehmensstandort, sondern auch von herkömmlichen Kernarbeitszeiten losgelöst ist. Das klingt nach zukunftsorientierter Arbeit und ist mitt-lerweile für viele Arbeitnehmende schon Realität. Wie eine Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) kürzlich herausstellte, arbeiteten im Jahr 2017 rund 22 Prozent der Beschäftigten privatwirtschaftlicher Betriebe (mit mehr als 50 Beschäftigten) von zu Hause aus, also im Homeoffice. Etwa jeder vierte Betrieb in Deutschland bietet seinen Beschäftigten demnach heute Formen des mobilen Arbeitens an.
Homeoffice-Modelle tragen Früchte, bergen aber auch Gefahren
Vielerorts hat sich das Arbeiten im Homeoffice bewährt. Arbeitnehmende im Homeoffice können flexibler agieren, ihr Heim-Arbeitsort bietet oft mehr Ruhe als das Büro, Pendelzeiten fallen weg und Beschäftigte schaffen es im Homeoffice oft leichter, Familie und Beruf zu vereinen. Auf der „Gegenseite“ profitieren Betriebe vom resultierenden Engagement ihrer Beschäftigten, die zum Beispiel auch außerhalb der Kernarbeitszeiten erreichbar sind. Wie eine Befragung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) herausfand: Die Arbeitszufriedenheit steigt.
Allerdings erhöhen sich laut vielen Studien (u.a. laut zuvor angeführter Studie) gleichzeitig die psychischen Belastungen der Beschäftigten. Gründe dafür sind unter anderem der fehlende soziale Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen sowie die verschwimmende Grenze zwischen Privatem und Beruflichem.
Flexible Modelle vs. vorgefertigte Positionen
Die Vorteile des mobilen Arbeitens im Allgemeinen oder des Homeoffice im Konkreten scheinen aber doch so durchschlagend, dass unter anderem die SPD an einem Anrecht auf das „Homeoffice“ feilt.
Das FFP warnt in diesem Zuge vor politischen Pauschalisierungen und zu hoch angesetzten Forderungen auf Arbeitnehmenden-Seite durch den Gesetzgeber: „Die Vorteile von gut eingebundenen, ausgehandelten Arbeitsmodellen liegen ganz klar auf der Hand“, resümiert Prof.in Dr.in Irene Gerlach, wissenschaftliche Leiterin des FFP. „Aber ihre Basis sind jeweils ein offen geführter Dialog zwischen dem Betrieb und dem einzelnen Beschäftigten sowie der betrieblichen Mitbestimmung. Konzepte und Handreichungen zur Einbettung der betrieblichen Homeoffice-Regelungen sind für diese Verhandlungen hilfreich, ein Anrecht ist es nicht“, so Irene Gerlach.
Gute Lösungen brauchen den Dialog
„Jeder Arbeitsplatz ist anders“, zeigt die Wissenschaftlerin auf. „Pauschale Lösungen sind schwierig. Was bisher immer wichtig war bei der Etablierung eines Homeoffice-Konzepts, war der gute Wille auf beiden Seiten. Arbeitgebende sind interessiert daran, ihre Arbeitnehmenden zu entlasten und leistungsfähig zu halten. Sie müssen daher die Rahmenbedingungen für ein produktives Arbeiten im Homeoffice schaffen – an den Stellen und in der Häufigkeit, wie es zur Tätigkeit, zur betrieblichen Situation und schließlich zur beziehungsweise zum Beschäftigten passt. Ein Anrecht auf Homeoffice, mobiles Arbeiten & Co. kann die Win-Win-Situation allerdings auflösen und Fronten schaffen“, so Gerlach.
Das Plädoyer des FFP ist es somit, bestehende Konzepte weiter zu erproben und auszubauen. Vorschnelle politische Eingriffe könnten hier einen Rückwärtstrend auslösen, so die Einschätzungen aus dem Forschungszentrum.