FFP-Pressemitteilung 10 / 2021
Die Familienpolitik vor der Wahl - ein Checkup!
Was hat die amtierende Bundesregierung Familien versprochen? Was erreicht und was versäumt? Am 26. September ist es wieder soweit: Der neue Bundestag wird gewählt. Zeit fürs FFP, auf die ablaufende Legislaturperiode und insbesondere auf die Entwicklungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zurückzublicken.
Fast alle Ziele des Koalitionsvertrages der 19. Legislaturperiode wurden abgearbeitet. Die Ausnahmen: die Verankerung ausdrücklicher Kinderrechte im Grundgesetz und die Umsetzung eines Rechtes auf Ganztagsbetreuung für alle Grundschulkinder bis 2025. Kindergeld und Kinderfreibeträge sind in den zurückliegenden vier Jahren um ca. 13 Prozent angehoben worden. Die Reformen im Jahr 2019 brachten u. a. eine deutliche Erhöhung von Kinderzuschlag und den Leistungen des Kinderbildungspaketes mit sich. Antragshürden konnten zudem spürbar gesenkt werden.
Kinderbetreuung: Triebfeder Vereinbarkeit
Eine Grundvoraussetzung für eine gelingende Vereinbarkeit ist eine funktionierende institutionelle Kinderbetreuung – das hat nicht zuletzt die Pandemie eindrucksvoll gezeigt. Als diese wegfiel, wurde als ad-hoc Maßnahme für erwerbstätige Eltern ein Anspruch auf Entschädigung eingeführt, wenn sie wegen Schul- und Kitaschließungen bei der Kinderbetreuung einspringen mussten. Zudem wurden die Kinderkrankentage für Mütter und Väter erhöht.
Eine gute Nachricht gab es für Familien mit geringem Einkommen: Sie wurden in der letzten Legislaturperiode bundesweit von den Kita-Gebühren freigestellt. Das erleichtert insbesondere den Müttern die Entscheidung für eine Erwerbstätigkeit. Nicht immer blieben dabei die Familien in der Mitte der Gesellschaft im Blick, die z. B. durch eine stufenweise Einführung einer Befreiung von den Kitagebühren oder die Erhöhung der steuerlichen Absetzbarkeit von Betreuungskosten hätten unterstützt werden können.
Schwierige Prozesse zwischen Bund und Ländern
Erwähnung verdienen auch diverse Programme des BMFSFJ wie z. B. die „Fachkräfteoffensive Erzieherinnen und Erzieher“ oder das mittlerweile fünfte Investitionsprogramm zur Schaffung zusätzlicher Betreuungsplätze, mit denen die Betreuungssituation in den Ländern und Kommunen verbessert werden soll. Diese Programme sind aber zugleich auch Indiz für die weiter bestehenden Herausforderungen bei der föderalen Verteilung von Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung im Bereich der Kinderbetreuung und -förderung. Hier führt die Länderkompetenz immer wieder zu Verzögerungen, hohem Verwaltungsaufwand und u. U. auch nicht zielentsprechender Mittelverwendung. Dies zeigte sich zuletzt am Einspruch von Ländern im Bundesrat als im Juni 2021 das „Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter“ verabschiedet werden sollte. Im Fokus stand auch hier wieder die Finanzierungsfrage zwischen Bund und Ländern.
Teilzeit ja - aber für Mütter UND Väter
Erwähnung verdienen auch diverse Programme des BMFSFJ wie z. B. die „Fachkräfteoffensive Erzieherinnen und Erzieher“ oder das mittlerweile fünfte Investitionsprogramm zur Schaffung zusätzlicher Betreuungsplätze, mit denen die Betreuungssituation in den Ländern und Kommunen verbessert werden soll. Diese Programme sind aber zugleich auch Indiz für die weiter bestehenden Herausforderungen bei der föderalen Verteilung von Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung im Bereich der Kinderbetreuung und -förderung. Hier führt die Länderkompetenz immer wieder zu Verzögerungen, hohem Verwaltungsaufwand und u. U. auch nicht zielentsprechender Mittelverwendung. Dies zeigte sich zuletzt am Einspruch von Ländern im Bundesrat als im Juni 2021 das „Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter“ verabschiedet werden sollte. Im Fokus stand auch hier wieder die Finanzierungsfrage zwischen Bund und Ländern.
Bei der jüngsten Reform des Elterngeldes war die gleichzeitige Möglichkeit zur Teilzeitarbeit ebenfalls zentrales Thema. Der Aufwand für die Inanspruchnahme der Teilzeitoption wurde verringert, sodass Eltern ihre gearbeiteten Stunden nur noch in Ausnahmefall nachträglich nachweisen müssen. Auch der Teilzeitkorridor für die parallele Erwerbsarbeit während der Elternzeit wurde ausgeweitet – bei Inanspruchnahme des Partnerschaftsbonus sogar etwas mehr. Mit dem Partnerschaftsbonus hatte die Bundesregierung schon 2015 einen Anreiz geschaffen, Teilzeit und Kinderbetreuung während der Elternzeit zu kombinieren, um so bereits frühzeitig eine partnerschaftliche Arbeitsteilung zu etablieren. Sind beide Elternteile während der Elternzeit gleichzeitig 4 Monate teilzeiterwerbstätig, bekommen sie jeweils 4 zusätzliche Monate ElterngeldPlus – also Teilzeitelterngeld.
Neue Arbeitsteilung durch Elterngeld?
Das Elterngeld zeigt zumindest teilweise den gewünschten Erfolg: Mütter haben ihren Erwerbsausstieg verkürzt, die Väterbeteiligung am Elterngeld lag zuletzt bei über 40 Prozent. Aber: Nur jeder 10. bewilligte Elterngeldmonat entfällt auf einen männlichen Leistungsbezieher. Trotz der mittlerweile sehr flexiblen Möglichkeit zur Elterngeld-Inanspruchnahme planten im Jahr 2020 knapp Dreiviertel der Väter (72%) weiterhin nur eine kurze Elternzeit von zwei Monaten. Leicht angestiegen ist der Anteil der Elterngeld-Empfängerinnen und Empfänger, die zumindest anteilig auch ElterngeldPlus einplanten. Im Jahr 2020 hatten ca. eine halbe Millionen Eltern (knapp 30 Prozent aller Beziehenden) ElterngeldPlus und damit die Teilzeitoption in Anspruch genommen. Der Partnerschaftsbonus war – vermutlich auch aufgrund der komplizierten Nachweispflichten – wenig attraktiv: Nur knapp 2 Prozent aller Elterngeld-Beziehenden haben diesen 2020 genutzt.
Ausblick: Weiterhin Reformbedarf beim Elterngeld
Das Elterngeld hat sich positiv entwickelt. Es ist flexibler geworden und kann mehr auf die unterschiedlichen Bedarfe der Familien zugeschnitten werden. Die Antragstellung und der administrative Aufwand sind vereinfacht worden – sobald alle Flexibilisierungs-Möglichkeiten ausgeschöpft werden, ist der Aufwand für Eltern und Arbeitgebende aber noch immer enorm groß. Viele Eltern werden wohl auch dadurch abgeschreckt und wählen lieber eines der Standard-Modelle. Dabei wäre die Teilzeitoption über einen längeren Zeitraum gerade auch für Väter attraktiv. Nicht nur für die Familien, sondern auch für die Arbeitgebenden.
Wenn es um die Förderung von Partnerschaftlichkeit durch das Elterngeld geht, muss die Politik nachbessern. Hier liegt eine wichtige Handlungsmöglichkeit für die neue Legislaturperiode, so das FFP.
Einen guten Ansatz für diesen Wirkungsbereich zeigt der Neunte Familienbericht auf: die Idee, das Elterngeld nach dem Modell „3 + 8 + 3“ umzugestalten. Jedem Elternteil stünden demnach exklusiv drei Monate zur Verfügung, acht weitere Monate könnten die Eltern aufteilen. Zudem fordert der Familienbericht die Anhebung des Einkommensersatzes auf 80 Prozent für die ersten sieben Monate. Eine solche Ausgestaltung würde den Familien tatsächliche Anreize geben, die Kinderbetreuung egalitär aufzuteilen.