FFP-Pressemitteilung 14 / 2015

Zum Weltmännertag – der „neue Mann“ ist stark gefragt

19. Nov 2015
FOTO: CANSTOCK PHOTO/NETRIS

Über ihn wird viel geredet: der „neue Mann“. Mann-Sein – das ist heute etwas anderes als vor 20 Jahren. Ebenso und noch viel komplexer und vermeintlich komplizierter verhält es sich auch mit dem Vater- bzw. Sohn-Sein. Auch hier gibt es laut öffentlichem Diskurs eine Weiterentwicklung – den Prototypen „neuer Vater“.

Der Mann zwischen Vergangenheit und Gegenwart

Das heute noch vorherrschende Rollenbild „Mann“ funktioniert für viele Adressaten nicht mehr. Es ist in großen Teilen archaisch und stereotyp und läuft Eigenschaften zuwider, die gesellschaftlich gefragt sind. Für dieses Modell sind die Lebensentwürfe von Männern – und auch der zu ihnen gehörenden Frauen- zu vielfältig, individuell und flexibel. Die Kluft zwischen bestehender Vorlage und eigentlich benötigtem Vorbild ist vor allem für die Männer groß, die ihr Leben als Familienmenschen ausrichten und die ihre Rolle als Familienvater oder auch als Sohn ausleben möchten.

Der „neue Vater“

Den einen Prototyp des neuen Vaters gibt es natürlich nicht. Aber dennoch lässt sich umreißen, was Väter heute ausmacht. Sie möchten mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen und Verantwortung für diese übernehmen. Seit Einführung des Elterngeldes nehmen sich immer mehr Väter „bewusste Zeiten“ für ihre Kinder und für die Familienarbeit. Jeder dritte Vater geht heute in Elternzeit, wie der jüngst veröffentlichte „Familienreport 2014“ nachweist. 16 % der Väter mit jüngeren Kindern (unter 8 Jahren) bringt sich überdurchschnittlich in Familienarbeit ein, so eine aktuelle Studie des Deutschen Jugendinstituts, („Väter 2015“). Der Familienreport des Bundesfamilienministeriums unterstreicht diese Zahlen: Mehr als jeder zweiter Vater hat demnach das Gefühl, zu wenig Zeit für seine Kinder zu haben, und immerhin ¾ der Väter würden gerne weniger arbeiten, um eben diese Freiräume ihren Kindern und Familien zu widmen.

Der neue Arbeitnehmer

Männer übernehmen in Familien nach wie vor die Rolle des Versorgers und sind in der Mehrzahl der Fälle die Haupteinkommensbezieher. Zumeist sind es das vom Arbeitgebenden verlangte Arbeitsvolumen und die arbeitsplatzbezogenen Umstände, die verhindern, dass Väter ihre Erwerbsarbeit nicht zugunsten der Familie reduzieren. Wie das „Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik“ (FFP) in der Studie „Väter in Nordrhein-Westfalen“ 2013 allerdings feststellte, bewerteten die befragten NRW-Väter die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hinsichtlich ihrer Be-deutung mit 76 von 100 möglichen Punkten. Damit rangiert dieses Jobkriterium unter verschiedenen Aspekten auf Platz drei – noch vor dem Einkommen.
Die andere Seite, die hier die Fäden zieht, nämlich die Unternehmen, erkennt mehr und mehr, dass diese Familienbedürfnisse Gewicht haben. Mittlerweile gibt es vielfältige erprobte Maßnahmen, die Arbeitgebende nutzen können und auch tatsächlich nutzen, um sich familienbewusst aufzustellen. Im Wettbewerb um Fachkräfte haben Unternehmen ein klares Interesse daran, gute Arbeitnehmende mit einer familienbewussten Betriebskultur zu binden oder auch zu gewinnen.
Wie der „Familienreport“ der Bundesregierung allerdings zeigt, schätzen 2/3 der Väter ihr Unternehmen als nicht familienfreundlich ein. Und 86 % finden, dass Vereinbarkeitsmaßnahmen vor allem auf Frauen ausgerichtet sind.

Der "neue Sohn"

Ein weiterer Typus Mann, der aber in der öffentlichen Diskussion bisher nicht angekommen ist: der „neue Sohn“. Nicht nur vorm Hintergrund des demografischen Wandels und des sich abzeichnenden Fachkräftemangels wird klar, dass Männer in der Angehörigenpflege benötigt werden. Zweidrittel der pflegebedürftigen Menschen werden von Angehörigen betreut. (Pflegestatistik 2013, Statistisches Bundesamt) Hier sind offensichtlich „Familienmenschen“ gefragt. Und wie TNS Infratest Sozialforschung nachweist, stieg der Anteil der männlichen Hauptpflegepersonen zwischen 1998 und 2010 von 20 auf 28 % an, wobei sich der Anteil der pflegenden Söhne sogar von 5 auf 10 % verdoppelt hat. Die steigende Zahl der pflegenden Söhne unterstreicht wiederum die Bedeutung der familienbewussten Personalpolitik in Unternehmen: Auch in der Altersgruppe der Männer, die zumeist keine kleinen Kinder mehr zu betreuen haben, nimmt die Bedeutung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu. Es wird deutlich: Für eine praktikable Angehörigenpflege bedarf es tragfähiger Konzepte, wie Männer ihren familiären Pflichten nachkommen können.

Neue Vorbilder vs. alte Rollenbilder

Die „Neuen“ – Männer, Väter, Söhne – brauchen sie: Konzepte, wie sich Familie bzw. Pflege und Beruf vereinbaren lassen. „Hier fehlen oft noch lebensnahe Vorbilder, an denen sich Männer orientieren können“, so Professorin Irene Gerlach, Leiterin des Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik. „In unseren Analysen widmen wir uns deshalb auch den  Führungskräften, die eine gelingende Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum einen vorleben, und zum anderen ihren Mitarbeitenden ermöglichen. Vor allem männliche Entscheider, die zugleich Väter und Söhne sind, müssen aktiv daran mitarbeiten, dass sich die angebotenen Maßnahmen in die Praxis umsetzen lassen und glaubhaft sind.“

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